Mehmet Yalçın

Föderation der ArbeiterInnen und Jugendlichen aus der Türkei in Österreich ATIGF, Wien

Ein Archiv der Migration, das das Geschriebene und das Gesagte, aber auch Gegenstände, die eine Geschichte von Migration in sich bergen, sammelt, sie ordnet und zugänglich macht, ist nach fünfzig Jahren Arbeitsmigration dringend notwendig.
Ein Archiv der Migration würde für die Geschichtsschreibung der Migration als Teil österreichischer Geschichte einen wichtigen Schritt bedeuten.
Ein Archiv der Migration sollte die Forderungen und Kämpfe, vor allem der Selbstorganisationen, dokumentieren.
Wir unterstützen daher die Bemühungen für die Errichtung eines Archivs der Migration. Wir würden unsere Materialien einem solchen Projekt zugänglich machen.

Alexander Pollak

Sprecher, SOS Mitmensch, Wien

Bisher unsichtbare Geschichte sichtbar machen, das historische Gedächtnis neu schreiben, falsche Mythen widerlegen, Kontinuitäten und Brüche aufzeigen - all das und noch viel mehr sind die wichtigen und herausfordernden Aufgaben eines Archivs der Migration. Wir unterstützen dieses spannende Projekt, das eine große Leerstelle füllt.

Vlatka Frketić

Verein ][diskursiv, Wien

Der Verein ][diskursiv unterstützt die Errichtung eines Archivs und Dokumentationsstelle der Migration, weil der Umstand, dass Migration konstitutiver Teil der Gesellschaft ist, endlich auch Teil des kollektiven (historischen) Bewusstseins werden soll.

Alexander Nikolić

Obmann, Verein BOEM*, Wien
 
Wir unterstützen die Errichtung eines Archives und einer Dokumentationsstelle der Migration, damit niemand in Zukunft behaupten kann, das Österreich kein Einwanderungsland ist, damit keiner unseren Beitrag zum Reichtum, Wohlstand und zur Vielfalt in diesem Land, negieren, übersehen oder diffamieren kann. 
 

Mag.a Meri Disoski

Geschäftsführerin, Verein „Wirtschaft für Integration“, Wien

Der Verein Wirtschaft für Integration unterstützt die Forderung nach einem Archiv der Migration, denn Migration ist nicht nur eine allgegenwärtige Realität, sondern auch ein wichtiger und integraler Bestandteil der österreichischen Vergangenheit. Die Schaffung eines Archivs der Migration ist unserer Ansicht nach nicht nur ein geeignetes Instrument, um die Geschichte der Migration in Österreich sichtbar zu machen und in die nationale Erinnerung zu integrieren, sondern auch ein wichtiges Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung der Vielfalt jener Menschen, die nach Österreich eingewandert sind und unsere Gesellschaft tag täglich bereichern.

Mag.a Amela Mirkovic

Inhaberin und Geschäftsführerin, transculturalwork, Wien

Cicero meinte über die Beziehung zwischen Geschichte und Erinnern, dass es Aufgabe der Geschichte sei, auf das Gedächtnis jener Ereignisse zu achten, die für die Nachwelt von Bedeutung sei. Ich sage, es ist Aufgabe der gegenwärtigen Akteur_innen, das zu tun, was bisher durch die Geschichtsschreibung verabsäumt wurde. Damit Migration auch endlich Teil unserer offiziellen Geschichte wird, die Migrant_innen ihren Platz darin finden, braucht es das Archiv der Migration. So vermitteln wir auch eine echte demokratische Erinnerungskultur.

Mag. Hannes Sulzenbacher

Leitung, QWIEN - Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte, Wien

Das Zentrum QWIEN als Archiv und Forschungsstelle für die schwul/lesbische Geschichte Wiens gibt es seit 2007.  Aus unserer Sicht ist die Gründung eines „Archiv der Migration“ wichtig und auch dringend, da wertvolle Dokumente gerade der ersten „Gastarbeiter_innen“-Generation in Österreich vor dem Wegwerfen bewahrt werden müssen. Für jene fehlt jedoch ein Ort, der innerhalb der marginalisierten Communities Vertrauen genießt und gleichzeitig professionelles Sammeln und Archivieren gewährleistet.

Petra Popović

Vereinsobfrau, NO NAME FILM FACTORY, Wien

Wir unterstützen die Errichtung eines Archivs und Dokumentationsstelle der Migration, weil wir der Ansicht sind, dass unzählige migrationsbetreffende Daten und Fakten dadurch besser bewahrt, der Öffentlichkeit transparenter und zugänglicher gemacht werden als bisher der Fall.

Milorad Marinković

Obmann, Roma Kulturzentrum Wien

Roma Kulturzentrum Wien unterstützt das Vorhaben der Gründung eines Archivs der Migration! Die Geschichte der Roma ist, oft gezwungenermaßen, ein Teil der Migrationsgeschichte. Ein solches Archiv würde daher für unsere Bemühungen, die kulturellen Aktivitäten von Roma zu unterstützen und stärken, in vielerlei Hinsicht von Bedeutung sein.

Vereinigung der StudentInnen und Jugendlichen aus der Türkei in Wien

Damit die Werte, die die in Österreich lebenden MigrantInnen seit Jahrzehnten hervorgebracht haben, in einem gesellschaftlichen Speicher dauerhaft bereitgestellt werden können, ist es längst an der Zeit, dass diese in einem groß angelegten Archivierungsprojekt gesammelt werden. Die Vereinigung der StudentInnen und Jugendlichen aus der Türkei in Wien befürwortet diese Arbeit sehr und wird die notwendige Unterstützung leisten.

Prof. Dr. Sabine Strasser

Institut für Sozialanthropologie, Universität Bern

Erinnerungen werden immer wieder neu geformt und sagen daher genauso viel über die Vergangenheit wie über die Gegenwart aus. Schon die Entstehungsbedingungen eines Archivs der Migration machen ungleiche Bedeutungen von Geschichte/n, Erfahrungen und Zugehörigkeiten in einem Land sichtbar. Ein Archiv dieser Art kann die Leerstellen und Ungleichbehandlungen von Repräsentation nicht nur aufzeigen, sondern diesen zugleich entgegenwirken.

Mag.a Gamze Ongan

Obfrau, Peregrina – Bildungs-, Beratungs- und Therapiezentrum für Immigrantinnen, Wien

Ohne die Geschichte der Migration – vor allem aus der Perspektive der zugewanderten Menschen –  ist die österreichische Geschichte nicht vollständig. Auf dem Weg, diese Geschichte ins historische Gedächtnis des Landes zu reklamieren, erachten wir die Gründung eines Archivs der Migration für einen unerlässlichen  Schritt.  Daher unterstützen wir das Projekt „Archiv der Migration“ und  appellieren an die Politik, die erforderlichen Mittel zur Realisierung dieses Vorhabens bereit zu stellen. 

Arnd Kolb

Geschäftsführer, Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD) e.V., Köln

DOMiD unterstützt vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte die Errichtung eines Archivs der Migration. Unser Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland wurde 1990 von Migranten gegründet. Das Ziel war und ist es, das historische Erbe der Einwanderer für zukünftige Generationen zu bewahren. Heute verfügt unser Verein über eine deutschlandweit einzigartige Sammlung an sozial-, kultur- und alltagsgeschichtlichen Zeugnissen zur Geschichte der Einwanderung. Aus einem kleinen Startup hat sich Großes entwickelt und zum Bewusstsein beigetragen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Wir freuen uns, dass jetzt in Österreich eine Institution entsteht, die sich denselben Zielen verpflichtet fühlt und sind von deren gesamtgesellschaftlichen Relevanz überzeugt.

Mag. Siniša Puktalović

Journalist und Politikwissenschaftler, Wien

Solange die österreichische Geschichtsschreibung einen Teil ihrer eigenen Geschichte - nämlich ihre Migrationsgeschichte - nicht dokumentiert, wird diese nie als die eigene Geschichte wahrgenommen werden. Die MigrantInnen werden immer die „Anderen“ bleiben. Eine Dokumentationsstelle könnte viel dazu beitragen, die positiven (gesellschaftlichen und wirtschaftlichen) Beiträge der MigrantInnen für die österreichische Gesellschaft aufzuzeigen.

Die Errichtung des Archives der Migration ist für eine Einwanderungsgesellschaft - wie die österreichische eine ist - unerlässlich, möchte  Österreich einen Teil ihrer Bürger nicht mehr aus dem kollektiven Gedächtnis ausschließen.

Dr. Brigitte Rigele MAS

Direktorin, Wiener Stadt- und Landesarchiv

Geschichtsschreibung benötigt Quellen. Das gilt für die „große“ Geschichte eines Landes ebenso wie für die „kleine“ Geschichte einer Person oder einer Familie. Diese Quellen gibt es für kurz zurückliegende Zeiten meist in Überfluss, aber je weiter wir in der Zeit zurückgehen und zurückschauen desto spärlicher werden diese. Heute verfügen wir über E-mails, Fotos, Videos; für die 1960er Jahre vielleicht nur noch über eine Geburtsurkunde und eine Arbeitsbestätigung. Noch leben Zeitzeugen und können Erinnerungen erzählen, noch gibt es verschiedenste Zeugnisse auch im privaten Bereich. Es ist daher an der Zeit, das Bewusstsein für den Wert vorhandener Quellen zu schärfen und diese zu dokumentieren und zu erhalten.

Mümtaz Karakurt

Geschäftsführer, migrare – Zentrum für MigrantInnen OÖ, Linz

Warum ein Migrationsarchiv? Ein westafrikanisches Sprichwort assoziiert den Tod eines alten Menschen mit der Vernichtung einer Bibliothek. Können wir die Spuren entziffern, die die erste Generation hinterlässt? Was will sie noch mitteilen, wenn sie Gehör fände? Es gibt kaum einen Bereich, in dem MigrantInnen keine Spuren hinterlassen hätten. An welchen Linien, Formen, Farben haben sie mitgewirkt? Welche Wörter haben sie mit neuen Inhalten besetzt? Welche Sprachen haben sie bewohnt? Welche Lebensformen haben sie umgestaltet und welche Lebensformen haben sie neu entworfen?

Mit der Errichtung eines Migrationsarchivs geht es, denke ich, nicht darum, MigrantInnen ihren menschlichen Wert und ihre Menschenwürde zurückzugeben. Vielmehr geht es um einen Beitrag zur Entstehung einer Gegenkraft, in der die MigrantInnen sich selbst wiederfinden können, weil sie von ihnen selbst entwickelt worden ist. Die Konfrontation mit dem Versuch, MigrantInnen auf Objekte zu reduzieren, macht ihre Selbstbehauptung als Subjekte notwendig.

Dr. Erdal Kaynar

Historiker, Centre d’études turques, ottomanes, balkaniques et centreasiatique CETOBAC, Paris; 2013/14 Research Fellow am IFK, Wien

Die Geschichte der MigrantInnen ist immer noch verkannt. Das Problem ist hierbei nicht nur, dass die Migration unzureichend erforscht wird, sondern eher die Art und Weise, wie dieses geschieht. So tauchen MigrantInnen in bestehenden Studien sowie im offiziellen Diskurs nahezu ausschließlich als Opfer oder als Elemente abstrakter Statistiken auf, die auf verschiedene Probleme der Mehrheitsgesellschaft hinweisen und im besten Falle als ein moralischer Verweis für den Multikulturalismus des Landes fungieren.

Ein Archiv der Migration kann der Ausganspunkt sein, um dieser Sichtweise entgegenzutreten und die MigrantInnen als Akteure der Geschichte darzustellen. Dadurch wird sich nicht nur ergeben, wie MigrantInnen die Geschichte des sogenannten Empfangslandes mitbestimmt haben, sondern im Zuge der Jahrzehnte ein Vermächtnis von Errungenschaften und Freiräumen erschaffen haben, deren Kenntnis heutigen und künftigen politischen Kämpfen dienlich sein kann.

 

Dr. Hakan Gürses

Philosoph und politischer Erwachsenenbildner, Wien

Migration wurde in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in erzählenden Sprachbildern zu einem Politikum. Wenn heute immer noch Vorstellungen wie „im Hinterhof Hammel bratende Ausländer“ existieren, handelt es sich nicht bloß um überholte Klischees. Bilder sind Bausteine des kommunikativ-kollektiven Erinnerns. Was davon in das kulturelle Gedächtnis einfließt, ist keine ausgemachte Sache, sondern Gegenstand hegemonialer Kämpfe. Ein Archiv der Migration kann im umkämpften Speicher, in dem Migrant_innen derzeit das Niemandsland zwischen Vergessen und Skandalisierung bewohnen, eine Korrektur bewirken.

Mag. Gordana Ilić Marković

Institut für Slawistik, Universität Wien

 „Archive bilden das Gedächtnis eines jeden Landes“ – deswegen brauchen wir ein Archiv der Migration in Österreich. „Archivwürdig sind Unterlagen und Objekte, denen ein bleibender Wert zukommt“ – und deswegen wäre es unverantwortlich dieses Erbe nicht zu erfassen und für die Weiterforschung bereit zu stellen. 

Dr. Mark Terkessidis

Migrationsforscher, Berlin/Köln

 Bei manchen Anliegen fragt man sich, warum sie eigentlich Unterstützung benötigen. Denn die eigentliche Frage lautet doch: Warum hat Österreich noch kein Archiv zur Geschichte der Migration? Die Einwanderung gehört zur Geschichte des Landes ebenso wie die k. und k. Monarchie, und es ist lediglich der altbackenen Realitätsverleugnung im Namen einer angeblichen ethnischen Homogenität zu verdanken, dass diese Tatsache nicht anerkannt wurde. Also: Es wird höchste Zeit, denn demnächst leben in Wien mehr Leute mit als ohne den berühmten Migrationshintergrund.

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